Bad ohne Lüfter: HygroTiles – kapillaraktive Lehmfliesen mit Salzspeicher und Lichtkanälen

Bad ohne Lüfter: HygroTiles – kapillaraktive Lehmfliesen mit Salzspeicher und Lichtkanälen

Innenliegende Bäder und kompakte Küchen kämpfen mit Feuchte, Gerüchen und zu wenig Tageslicht. Was wäre, wenn die Wand selbst entfeuchten, Licht verteilen und warm wirken könnte – ganz ohne laute Ventilatoren? Genau hier setzen HygroTiles an: modulare Lehmfliesen mit kapillaraktiver Struktur, Salzspeicher zur passiven Entfeuchtung und integrierten Lichtkanälen für indirekte Beleuchtung.

Was sind HygroTiles?

HygroTiles sind wand- oder deckenmontierte Lehmfliesen, die Feuchtigkeit aus der Raumluft aufnehmen, zwischenspeichern und gezielt wieder abgeben. Die Rückseite kann „im Takt” mit milder Wärme (z. B. Handtuchtrockner, Warmwasserleitung oder 24-V-Heating-Folie) regeneriert werden. Lichtleitende Kanäle im Paneel verteilen LED-Licht blendfrei – ideal für Badezimmer, Küchenrückwände, Nischen und Flure.

Aufbau der HygroTiles

  • Deckschicht: 5–7 mm Lehmverbund mit Pflanzenfasern (VOC-frei, diffusionsoffen, pH ~ 7,5)
  • Kapillar-Kern: 12–18 mm mineralischer Offenporen-Schaum (λ ~ 0,055 W m-1 K-1) mit Mikrokapillaren
  • Salzspeicher: inerte Silikagel/Calciumsalz-Matrix (gebunden, staubfrei), Sorptionskapazität bis 150 g m-2
  • Lichtkanäle: PMMA-Lichtleiter, Kanten-LED 24 V SELV, Farbtemperatur 2700–4000 K, CRI ≥ 90
  • Rückseite: kapillaraktive Kontaktlage (Kalk/Lehm-Putz) oder rückseitige 24-V-Regenerationsfolie (max. 30–35 °C)

Warum kapillaraktive Entfeuchtung?

Lehm mit mineralischem Kern und Salzspeicher arbeitet hygrothermisch:

  • Sorption: Bei hoher relativer Luftfeuchte (rF) wird Wasserdampf in der Porenstruktur und am Salz gebunden.
  • Kapillartransport: Feuchte verteilt sich in der Fläche – keine feuchten „Hotspots”.
  • Regeneration: Bei wärmerer Wand oder trockener Luft gibt die Fliese das Wasser kontrolliert ab.

Ergebnis: weniger Kondensat auf kalten Oberflächen, stabilere Luftfeuchte (45–60 % rF) und ein behaglicheres Raumklima.

Leistung in Zahlen

Parameter Typischer Wert Hinweis
Sorptionskapazität 100–150 g m-2 bei 60–80 % rF
Entfeuchtungsrate 20–40 g m-2 h-1 abhängig von rF-Gradient
Regeneration 1–3 h bei 30–35 °C Rückseitenwärme
Oberflächentemperatur +0,5 bis +1,5 K gefühlt „wärmere” Wand
Leistungsaufnahme LED 4–8 W m-2 indirektes Licht

Praxisbeispiel: 2 m2 HygroTiles im Duschbereich binden bis zu 0,3 Liter Wasserdampf und verringern beschlagene Spiegel merklich.

Vorteile gegenüber Lüftern und Fliesen Standard

Aspekt HygroTiles Konventionell
Feuchtemanagement passiv + sanfte Regeneration aktiv (Ventilator), Geräusche
Energie Wärme bleibt im Raum Abluft führt Wärme ab
Wartung Filterlos, abwischbar Filterwechsel, Kanalreinigung
Design Lehmoptik + Lichtkanäle Standard-Glanzfliese
Akustik Porös, schallmindernd hart, hallig

Fallstudie: Innenliegendes Gäste-Bad (4,5 m²) in Köln

  • Installierte Fläche: 3,2 m2 HygroTiles (Wand gegenüber Dusche + Spiegelzone)
  • Regeneration: 24-V-Rückseitenfolie, 120 W gesamt, Thermostat 33 °C, 20 min nach dem Duschen
  • Ergebnisse (Winter):
    • Max. rF nach Dusche: 86 % → 67 % (20 min)
    • Spiegelbeschlag: 9 min → 3 min
    • Geruchsstau: subjektiv „kaum”
    • Strombedarf Entfeuchtung: Ø 0,04 kWh pro Duschgang

DIY-Montage: 2 m² über Waschtisch und Duschzone

Materialliste

  1. 8 × HygroTile 500 × 500 × 20 mm (Nut/Feder)
  2. Kapillaraktiver Haftputz (Lehm/Kalk), Zahnkelle 8 mm
  3. Fugenband aus Leinen, Lehmfeinspachtel
  4. 24-V-LED-Strip (blendarme Kante), Netzteil SELV, Dimmer (Matter/Thread)
  5. Optional: 24-V-Regenerationsfolie + Thermostat (Begrenzung 35 °C)

Schritt-für-Schritt

  1. Untergrund plan, tragfähig, saugfähig herstellen; Grundieren nach Herstellerangabe.
  2. Haftputz aufziehen, Fliesen einbetten, lichtseitige Kantenkanäle ausrichten.
  3. Fugen mit Leinenband überbrücken, fein spachteln, 24 h trocknen.
  4. LED an Kanten einclipsen, 24-V-Verkabelung verdeckt führen (SELV, IP-Schutz beachten).
  5. Optional Regenerationsfolie rückseitig kleben, Fühler platzieren, Thermostat auf 33–35 °C begrenzen.
  6. Oberfläche mit diffusionsoffener Lasur schützen (keine dichten Dispersionsfarben).

Bauzeit: ca. 3–4 h zu zweit. Kostenindikator: 280–450 € pro m2 je nach Licht- und Heizoption.

Smart-Home-Integration

  • Sensorik: rF-/Temperatur-Sensor (Matter) misst Wand- und Raumwerte.
  • Logik: Wenn rF > 65 % und Wand < Raumtemp: Regenerationsfolie 15–20 min aktivieren.
  • Licht: Szenen „Dampf frei” (warm, hell), „Abend” (gedimmt, 2700 K), „Reinigung” (4000 K).
  • Sicherheit: 24 V SELV, Thermostat mit Obergrenzen, Feuchteschutz IP-Klassen beachten.

Gestaltungsideen jenseits des Bads

  • Küche & Jalousieschrank: HygroTiles als Rückwand hinter offenen Regalen – dampfintensive Zonen entfeuchten schneller.
  • Flur/Schuhbank: Feuchte Schuhe? Paneel absorbiert und gibt beim Heizen ab.
  • Sauna-Vorraum: Feuchtepufferung nach dem Aufguss; Lichtkanäle als Orientierungslicht.

Pro / Contra

Aspekt Pro Contra
Feuchte Passiv, leise, stabilisiert rF Begrenzte Kapazität – bei Dauerfeuchte Regeneration nötig
Energie Kaum Wärmeverluste durch Abluft Zusatzstrom bei aktiver Regeneration
Pflege Wischfest, diffusionsoffen Dichte Farben/Lacke blockieren Funktion
Design Warme Lehmhaptik, indirektes Licht Keine spiegelglatte Hochglanzoptik
Kosten Mehrfachnutzen (Licht+Klima) Höhere Anschaffung als Standardfliese

Gesundheit & Nachhaltigkeit

  • VOC-frei: Lehm, mineralische Bindemittel, natürliche Fasern.
  • Allergikerfreundlich: Staub bindet an Lehmoberfläche, lässt sich feucht abwischen.
  • Salzmatrix sicher gebunden: keine freie Staubfreisetzung; nur diffusionsoffene Beschichtungen verwenden.
  • Kreislauffähig: Lehmkomponenten trenn- und rezyklierbar; Elektronik als e-Waste separat.

Häufige Planungsfehler – und wie man sie vermeidet

  • Dampfdichte Beschichtung: Vermeiden Sie Dispersionslacke/Glasuren; setzen Sie auf Silikat- oder Lehmlasuren.
  • Keine Temperatur-Reserven: Ohne leichte Regeneration sinkt die Kapazität. 30–35 °C reichen meist.
  • Nur „Spot” statt Fläche: Mindestens 1–2 m2 vorsehen, damit die Pufferung spürbar wirkt.

Zukunft: PCM-Hybride & 3D-Druck

  • PCM-Schichten: Phasenwechselmaterialien stabilisieren Oberflächentemperaturen, erhöhen Komfort.
  • 3D-gedruckte Kapillarkanäle: Strömungsoptimierte Netze verbessern Sorption/Regeneration.
  • Direkt-PV-Betrieb: 24-V-DC-Bus vom Balkonkraftwerk für Licht und Regenerationswärme.

Fazit: Wand, die mitdenkt

HygroTiles kombinieren Feuchtepuffer, sanfte Regeneration und Atmosphärenlicht in einem Bauteil. Starten Sie mit 1–2 m2 in der feuchtesten Zone und koppeln Sie die Regeneration an rF-Sensorik. So reduzieren Sie Beschlag, sparen Lüfterlaufzeiten und gewinnen zugleich eine warme, funktionale Wandgestaltung.

CTA: Messen Sie die rF nach dem Duschen. Liegt sie > 70 % nach 15 Minuten? Dann sind 2–3 m2 HygroTiles eine passgenaue Aufrüstung – speziell im fensterlosen Bad.