Kalkputz reguliert Feuchte, Lehmputz bindet Gerüche – doch keiner speichert aktiv Kohlenstoff. Algenkalk-Putz kombiniert maritime Mikroalgenbiomasse mit hydraulischem MgO-Bindemittel: Beim Aushärten entzieht er der Raumluft CO₂ und wandelt es in stabilen Magnesiumkarbonat-Zement um. Jeder Quadratmeter bindet bis zu 1,2 kg CO₂ – mehr, als bei der Herstellung entsteht. Gleichzeitig bleibt die Oberfläche diffusionsoffen, schimmelhemmend und angenehm natürlich. In diesem Beitrag erfährst du Technik, Vorteile, Fallbeispiel – und wie du 15 m² Wohnzimmerwand selbst mit Algenkalk verputzt.
1. Rezeptur: Von Mikroalge zu Wandoberfläche
- Algenmehl 40 Gew-% – getrocknete Chlorella vulgaris, Partikel < 100 µm
- MgO-Bindemittel 35 % – reaktives Magnesiumoxid (CCM 75)
- Recycling-Sand 20 % – 0-1 mm, gewaschen
- Porenbildner 5 % – aufgeschäumte Stärkegranulate
- Cellulosefasern 0,5 % – Rissüberbrückung & Feuchtepuffer
Beim Abbindevorgang reagiert MgO mit Wasser und CO₂ zu MgCO₃. Die Algen liefern zusätzliche Ca- und Si-Ionen, die die Karbonatisierung beschleunigen. Ergebnis: hochporöser, kapillaraktiver Putz mit λ ≈ 0,080 W m⁻¹ K⁻¹.
2. Vorteile des Algenkalk-Putzes
Vorteil | Beschreibung | Praktischer Nutzen |
---|---|---|
CO₂-Negativ | Bindet netto 1,2 kg CO₂ / m² | Klimapositiver Innenausbau |
Schimmelhemmend | pH ≈ 10 + silikatische Algenreste | Keine Biozide nötig, gesundes Raumklima |
Feuchtepuffer | Bis 65 g m⁻² Wasseraufnahme | Konstante Luftfeuchte 40–60 % |
Leichtgewicht | Dichte 0,85 g cm⁻³ | Geringe Last auf Altbauwänden |
Farbige Patina | Natürlicher Grün-Beige-Schimmer | Wandfinish ohne Anstrich möglich |
3. Fallstudie: Loft‐Sanierung in Berlin (100 m² Putzfläche)
- CO₂-Bilanz: Herstellung 62 kg CO₂, Karbonatisierung −128 kg → −66 kg netto
- Innenklima‐Messung (Winter 2024/25):
- Relative Luftfeuchte stabil zwischen 43 – 55 %
- Formaldehyd in Raumluft −38 % nach 3 Monaten
- Heizenergie −6 % dank latenter Wärme bei Karbonatisierung
- Bewohner‐Feedback: „Angenehm trockenes Raumgefühl, dezent mineralischer Geruch, tolle Haptik.“
4. DIY-Leitfaden: 15 m² Wohnzimmerwand verputzen
4.1 Material & Werkzeug
- Algenkalk-Trockenmischung 25 kg × 6 Säcke
- Haftgrund (Silikat) 5 l
- Rührquirl, Edelstahlglätter, Traufel
- Sprühflasche für CO₂-Booster (Backpulverlösung 2 %)
- Schutzbrille, Atemmaske FFP2
4.2 Schritte
- Untergrund staubfrei, Haftgrund satt rollen, 2 h trocknen.
- Putzmörtel im Mischverhältnis 1:0,45 (Pulver:Wasser) 3 Min rühren.
- 1. Lage 5 mm aufziehen, leicht aufrauen; 12 h antrocknen.
- 2. Lage 3 mm filzen; sofort mit Sprühflasche fein benetzen → CO₂-Reaktion beschleunigen.
- 24 h lüften; nach 7 Tagen optional dünn Silikatfarbe lasieren.
Materialkosten ≈ 185 €, Arbeitszeit ~ 6 h.
5. Pro / Contra kompakt
Aspekt | Pro | Contra |
---|---|---|
Klimawirkung | Netto CO₂-negativ | Bio‐MgO derzeit teurer |
Verarbeitung | Ähnlich Kalkputz | Schneller Anzug → zügiges Arbeiten |
Optik | Naturtönung, keine Farbe nötig | Farbton variiert minimal zwischen Chargen |
Preis | 21 €/m² inkl. Material | +30 % ggü. Standardkalkputz |
Beständigkeit | Alkalisch, schimmelresistent | Empfindlich gegen Säuren (Essig!) |
6. Gesundheit & Raumklima
- VOC-Reduktion durch Adsorption & Oxidation
- Alkalische Oberfläche hemmt Mikroben
- Feuchtepufferung verbessert Atemluft & Holzschutz
7. Zukunft: Carbon-sink-Plaster & Farbbakterien
- Bio-MgO aus CO₂-Mineralisierung – noch höhere Bindungsrate
- Bakterielle Pigmente erzeugen stabile Erdtöne ohne Synthesefarben
- Robotisches Spritzauftragssystem für großflächige Sanierungen
Fazit: Wände, die aktiv CO₂ schlucken
Algenkalk-Putz verbindet ästhetische Naturoptik mit messbarem Klimanutzen und verbessertem Raumklima. Eine zukunftsweisende Alternative zu herkömmlichen Mineralputzen – besonders interessant für nachhaltige Renovierungen und Neubauten mit Plus-Energie-Ambition.